Es wird mal wieder Zeit für einen Herzensbeitrag. Nicht, weil mir die anderen Beiträge nicht am Herzen liegen, sondern weil dieser direkt aus meinem Herzen spricht. Ich hatte das Bedürfnis meine Gefühle zu teilen. Die Frage, die ich häufig lese und mit der ich mich auch lange herumgetrieben habe, ist die Frage ob man je gesund werden kann? Ist ein Reizdarm, ohne jegliche andere Diagnosen, wirklich heilbar? Gibt es reizdarmfrei wirklich? Für mich ist das eine Frage nach dem Mindset.
Reizdarmfrei: Theorie oder Praxis?
Mit meinen ersten Jahren und damit Erfahrungen aus meiner Geschichte habe ich diesen Blog begonnen. Diagnose Reizdarm bedeutet für viele, wie auch damals für mich, keine wirkliche Hilfe. Das Vertrauen in die Allgemeinmedizin ist schnell verloren, denn letztlich ist es ja nur aufgrund von Stress und man solle sich zusammenreißen.
In meinem Fall gab es zwar so Diagnosen wie „Leaky Gut“ und allerlei Unverträglichkeiten gegen Lebensmittel, aber geholfen hat mir das auch nicht. Alle Details findet ihr in Teil 1 und Teil 2 meiner Geschichte. Ich musste also meinen eigenen Weg finden. Wie schon oft gesagt spielt hier das Mindset eine große Rolle. Quasi die Weiterentwicklung von Perspektive und auch dem Umgang mit Stress. Aber ist man wirklich gesund oder redet man sich das Ganze nur schön? Was ist für mich reizdarmfrei?

Reizdarm bedeutete für mich Einschränkungen im Alltag und viele Sorgen.
Schaue ich mir gerade mein Leben an, fühle ich mich gesund. Ich kann wieder mit Freunden essen gehen. Ich kann wieder die Weihnachtsplätzchen von Oma genießen oder mein Leben planen, ohne Angst zu haben, dass meine Schmerzen die Pläne zerstören. Das alles ist doch ein Grund sich gesund zu fühlen, oder?
Um darüber zu philosophieren ob man gesund ist, ist doch die Frage eher, wieso hat man sich früher mit dem Reizdarm krank gefühlt? Was störte einen am Meisten daran? Schließlich ist es eine Ausschlussdiagnose und besagt, dass man rein theoretisch gesund ist. Zumindest hat man bisher keine Ursache gefunden. Wie kann man also frei von etwas sein, dass es nicht gibt? Man kann ja schlecht ein Medikament nehmen, eine OP machen oder sich ein paar Tage einfach auskurieren.
Für mich waren das schlimmste am Reizdarm immer die starken Schmerzen, die sowohl körperlich als auch psychisch viel Kraft gekostet haben. Es schlauchte mich, wodurch Sorgen entstanden, dass ich meinem Job nicht nachgehen kann. Etwas zu essen bereitete mir Sorgen, weil die danach entstehenden Schmerzen oft kaum auszuhalten waren. Ich machte mir Sorgen, wenn ich einer Verabredung zustimmte, weil ich so häufig aufgrund der Probleme absagen musste. Feste, Geburtstage oder anderen Veranstaltungen, in denen Essen eine Rolle spielte, versuchte ich zu vermeiden. Und schon landet man in einem Teufelskreis, denn Sorgen schüren die Schmerzen.
Reizdarmfrei zu sein bedeutet für mich also, sorgenfrei und genussvoll zu Leben.
Damit habe ich für mich festgelegt, dass ich mich gesund fühle, wenn ich diese Sorgen und starken Schmerzen nicht mehr habe. Dass ich mich gesund fühle, wenn ich mich nicht mehr durch meinen Darm eingeschränkt fühle und damit Essen, sowie auch das Leben, wieder genießen kann. In meinen Augen bin ich bei diesem Zustand angekommen.
Wieso aber definiere ich das ganze selbst?
Ohne eine Diagnose, wie Karies bei Zahnschmerzen oder dicke Mandeln bei Halsschmerzen, kann es auch keine Bestätigung geben wieder gesund zu sein, es sei dann man setzt sie sich selbst. Ich sehe, dass ich heute nicht mehr eingeschränkt bin. Ich sehe meine Freiheit bei Essen und Freizeit. Das bedeutet für mich reizdarmfrei. Hierfür ist es nicht wichtig, dass ich alles ohne drüber nachzudenken in mich stopfen kann, sondern eher ein Gefühl dafür bekommen was ich gut vertrage und vor allem in welchen Mengen. Dank meines Pups-Aha-Effekts bekomme ich zudem nicht bei jeder kleinen Blähung direkt Panik. Ich erkenne an, wenn es meinem Darm zu viel ist und achte dann vermehrt auf meine Ernährung. Aber ich spüre trotzdem immer, an welchem Punkt ich mittlerweile bin und dafür bin ich sehr dankbar. Diese zusätzliche Ruhe und Gelassenheit geben mir das Gefühl wieder reizdarmfrei zu sein.
Ich habe mich dazu entschieden gesund zu sein. Trotzdem bin ich nicht immer schmerzfrei.
Es ist am Ende aber doch irgendwie mehr eine Entscheidung, oder? Immer noch gibt es bei mir Momente des Schmerzes. Momente in denen die Probleme wieder für einen Tag zurückkommen. Selten, aber trotzdem bin auch ich mal genervt von meinem empfindlicheren Darm. Diese Momente sind zwar viel, viel seltener und weniger schmerzhaft. Doch trotzdem sind sie da. Der Darm ist nicht so robust wie bei anderen Menschen. Ich muss also auf mich hören und mich entsprechend ernähren. Daher sind die Schmerzen auch mittlerweile meist selbst verschuldet. Damit meine ich, dass ich meine eigenen Grenzen überschreite. Ich esse zu viel Ungesundes oder nehme mir nicht die Pausen die ich brauche. Letztlich höre ich in diesen Momenten nicht gut genug auf meinen Körper.
Manchmal packt mich die Neugierde, wenn ich recherchiere oder Podcasts höre. Dann frage ich mich, ob die erwähnte Diagnose vielleicht auch auf mich zutrifft. Es gibt also für mich manchmal noch den Wunsch nach einem offiziell erteilten, ärztlichen „gesund“ und der dazu vorherigen Diagnose. Ihr seht also, das ist ein Prozess. Aber ich bin froh, dass ich mich dazu entschieden habe mich gesund zu fühlen, weil ich meine Punkte der „Gesund-Diagnose“ erfülle. Diese Entscheidung nimmt mir Druck eine Diagnose zu finden, Sorgen auf einen Rückfall und damit gibt sie mir eine Menge Lebensfreunde.
Wie ist es für dich? Warum fühlst du dich wegen deines Reizdarms krank und was wäre dein Wunsch? Wann würdest du sagen, dass du reizdarmfrei bist? Vielleicht findest du die Ruhe auch eine „Gesund-Diagnose“ für dich zu finden. Teilweise kann es einen auch unterstützen den Segen an seinem empfindlichen Darm zu erkennen. Ich überarbeite oder überfordere mich zum Beispiel deutlich seltener. Ich habe meinen Grenzen immer besser kennen gelernt, weil ich wegen meines Darms drauf achten musste. Dafür bin ich wirklich dankbar.