Probiotika – Sind sie Darmhelfer oder Darmschädling?

Lesedauer: 4 Minuten

Meine Blogreihe über die Therapievielfalt bei Reizdarm zählt schon einige Beiträge. So habe ich zum Beispiel über die Low-FODMAP-Diät berichtet oder die Darmhypnose. Trotzdem gibt es noch so viel zu lernen und ich erfahre immer mehr über Möglichkeiten mit einem Reizdarm umzugehen. Heute möchte ich mich einem weniger unbekannten, aber in meinen Augen trotzdem noch unklaren, Thema widmen: Den Probiotika. Was ist das? Hilft es gegen Reizdarm (IBS) oder kann es sogar schaden?

Fangen wir bei einer kurzen Definition an, denn es gibt immer wieder Verwirrungen bei den Wörtern Präbiotika und Probiotika.[1] Beide Wörter, genauso wie übrigens Antibiotikum,[2] sind aus der altgriechischen Silbe „bios“ für Leben entstanden. Bei Probiotika in Kombination mit der Silbe „Pro“, also „für“. Probiotika sind also für das Leben. Antibiotikum hingegen wird gegen („anti“) das Leben verwendet, also zum Abtöten von zum Beispiel Bakterien. Die Vorsilbe „Prä“ steht für voran, voraus oder auch vorzeitig. Das heißt Präbiotika werden sozusagen als Vorsorge oder auch Unterstützung genommen.

Kapseln für die Darmflora?!

In der heutigen Definition unterscheidet man Präbiotika und Probiotika dadurch, dass Probiotika lebensfähige Mikroorganismen (z. B. Darmbaktieren) sind, während Präbiotika nicht lebensfähige Komponenten (z. B. Inulin) sind.[3] Beides soll aber dazu dienen, dem Wirt – also z. B. dem Menschen der sie einnimmt – einen gesundheitlichen Nutzen zu bringen. Während Probiotika dies direkt durch die Erhöhung gesundheitlich positiver Mikroorganismen tun, tun Präbiotika dies indirekt. Sie unterstützen die Mikroorganismen wie z. B. die Darmbakterien durch Nahrung.[4,5]

Probiotika gegen Reizdarm?

Helfen Probiotika gegen Reizdarm?

Dadurch, dass eine veränderte Darmflora häufig mit dem Reizdarm in Verbindung gebracht wird, wird auch im Bereich von Probiotika gegen Reizdarm viel Forschungsaufwand betrieben. Ein in meinen Augen sehr guten Überblick bietet hier zum Beispiel das Review von Dale et al.[6] Obwohl die Studie erst von 2019 ist, zeigt sie kein deutlich anderes Bild als zum Beispiel eine Meta-Analyse von 2009.[7] Der Grundkonsens bleibt gleich: Probiotika könnten gegen das Reizdarmsyndrom helfen, allerdings sind genauere Studien erforderlich.

Das Problem ist, dass Probiotika vermutlich noch vielseitiger sind als der Reizdarm selbst. Es gibt so viele verschiedene Stämme an Bakterien und nicht alle scheinen allen Patienten zu helfen. Die Studienlage ist dadurch noch sehr uneindeutig. Es ist nicht klar welche Stämme wirklich gegen Reizdarm helfen, besonders auch da nur bei sehr wenigen Studien zwischen den verschiedenen Reizdarmtypen unterschieden wurde. Da die Ursache bei den Typen vermutlich unterschiedlich ist, kann auch nicht ein Bakterium alles heilen. Trotzdem zeigen schon einige, auch randomisierte Doppelblind-Studien (RCTs), einen positiven Effekt auf die Symptome.

Mehrstämmige Probiotika oder gezielte Einnahme?

So berichten Dale et al.[6] in ihrem Review von elf RCTs, welche Probiotika mit einem Placebo verglichen. Dabei wurden nicht nur Einzelstämme untersucht, sondern auch Multi-Probiotika. Letzteres sind Probiotika die aus mehreren Bakterienstämmen bestehen. Bei den Einzelstamm-Probiotika zeigte nur eines, nämlich „Bacillus coagulans“, einen positiven Effekt auf die IBS Symptome der Probanden. Bei den Multistamm-Probiotika haben 6 der 8 Studien eine signifikante Verbesserung der Symptome gemessen. Ein Indiz dafür, dass eine Einnahme von mehreren Stämmen gleichzeitig die richtige Herangehensweise bei Reizdarm ist. Trotzdem darf man hierbei nicht vergessen, dass aufgrund der großen Forschungslücke noch unklar ist welche Stämme was bewirken. Damit ist die Lösung vermutlich gerade eher, in den Lostopf greifen und hoffen, dass der passende Bakterienstamm für seinen Reizdarm dabei ist. Mit mehr Losen, hat man also mehr Chancen auf Erfolg.

Hierbei scheint es keine wirkliche Rolle zu spielen, ob man das Ganze in Kapsel oder Pulverform zu sich nimmt. Beide Möglichkeiten waren unter den sechs positiven Studien. Bei der Menge bewegten sich die Studien im Bereich von ca. 5 bis 100 Milliarden Bakterien. Bei der Dauer sprach das Review sich allerdings eher für einen längeren Zeitraum aus.[6] Grund war eine Studie, bei der zum Beispiel erst bei der letzten Prüfung nach zwölf Wochen ein deutlicher Effekt nachgewiesen wurden. Nicht aber bei den Zwischenuntersuchungen nach vier oder acht Wochen. Doch ist die Einnahme wirklich ungefährlich?

Ist die Einnahme von Probiotika gefährlich?

Ich bin Physikerin und kein Arzt, somit kann ich hier nur meine Meinung wiedergeben und keine Empfehlung aussprechen. Schaut man sich aber die Forschungen an, so deutet zumindest vieles darauf hin, dass Nebeneffekte bei Probiotika keine große Rolle spielen. Trotzdem ist eine Verschlechterung von Symptomen nicht ausgeschlossen, da dies in vielen Studien nicht klar untersucht oder beschrieben wurde.[7] Deshalb sollte mit Probiotika gewissenhaft umgegangen werden, um nicht beispielsweise eine SIBO durch die zusätzlichen Bakterien hervorzurufen.

Aus meiner persönlichen Sicht kann ich allerdings sagen, dass mir Probiotika bisher sehr gut getan haben und damit ein Teil meiner erfolgreichen Therapie waren. Dabei setzte ich Probiotika besonders in meiner schlimmen Phase ein. Einen negativen Effekt hatten sie bei mir also nicht, ob es einen positiven gab kann ich im Nachhinein schwer sagen. Zumindest geht es mir nun schon mindestens zwei Jahre sehr, sehr gut. 

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