Burnout Prävention – Ich musste lernen „Nein“ zu sagen

Lesedauer: 5 Minuten

Depression oder auch Burnout sind zwei unglaublich negativ belastete Begriffe. Doch genau deswegen können sie so ein guter Weckruf sein, wie auch bei mir. In meinem letzten Beitrag habe ich diesen Begriff schon genutzt, aber ohne viel Erklärung. Dafür ist definitiv ein eigener Beitrag nötig, denn ich möchte dir etwas auf den Weg geben, was mir damals sehr geholfen hat. Burnout, Burn-out oder auch Burnout-Syndrom, ist gar nicht so genau definiert. Meist wird darin aber ein zu großer Erschöpfung führender Prozess beschrieben bzw. dessen Endzustand.[1]

Der Begriff wird erst seit ca. den 1970er Jahren verwendet und gilt bei der WHO (Weltgesundheitsorganisation) nur als Syndrom bezogen auf Stress am Arbeitsplatz.[2] Zu Beginn assoziierte man Burnout vor allem mit Sozialberufen – mit Leuten die gerne anderen Leuten helfen. Letztlich gilt aber generell, dass zu viel Stress zu Burnout führen kann, ungeachtet dessen wie dieser entsteht. Heutzutage tritt er in allen Berufsgruppen und sogar auch schon bei Jugendlichen auf. [1]

Gerne wird nach dem Prinzip „Höher, schneller, weiter!“ gelebt.

Das Thema Burnout ist die letzten Jahre immer relevanter geworden. Was deutlich zu erkennen ist, ist der Anstieg der Betroffenen. So gab es  z. B. 2005 in der AOK nur eine auf 1000 Personen aber 2018 schon 5,7 auf 1000 Personen die aufgrund von Burnout-Erkrankungen arbeitsunfähig waren. [3] Die Frage stellt sich nur wieso? Hatte man früher kein Wort dafür? Ist es durch die Medien präsenter oder kommt es wirklich auch häufiger in der Gesellschaft vor? Es gibt einige Ansichten, dass das Ganze etwas mit der heutigen Leistungs- oder Wettbewerbsgesellschaft zu tun hat. Schon H. Freudenberger, ein Psychoanalytiker, beschrieb das Burnout-Syndrom wie folgt: „Sich selbst bei dem Versuch zerstören, unter Aufbietung aller Kräfte unrealistische Erwartungen zu verwirklichen, die selbstgesetzt oder vom Wertsystem der Gesellschaft aufgezwungen sind“.[4]

Ob es nun heute mehr vorkommt, einfach häufiger benannt oder häufiger gefühlt wird, kann und will ich hier nicht beantworten. Das ist vermutlich wie bei den Allergien eine Mischung aus allem. In meinen Augen war aber definitiv der Druck der Gesellschaft auch einer der Gründe, wieso mein Körper mir irgendwann das Stoppschild zeigte.

Burnout-Stoppschild

Burnout, wenn dein Körper dir ein Stoppschild zeigt.

„Du entscheidest selbst was du tun möchtest.“ – ist in meinen Augen leider einfacher gesagt als getan. Sich frei zu machen von Konventionen, Außenwahrnehmung, Vorstellungen und Pflichten ist nicht einfach. Vielleicht muss ich auch dazu mal meine eignen Erfahrungen teilen. Aber jetzt bleiben wir erstmal beim Thema Burnout. Was ich aber hier sagen möchte ist, dass nicht immer der Job Grund dafür ist, sondern auch private Faktoren oder die eigenen Zielsetzungen diesen Zustand begünstigen können.

Mein damaliger Job war weder stressig, noch war die Atmosphäre dort ungemütlich. Im Gegenteil, mir gab die Zeit dort unglaublich viel und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Natürlich schreibt sich eine Doktorarbeit nicht von allein, aber es war alles im Rahmen. Im Sommer 2018 gab mein Körper trotzdem auf und nach langem hin und her, lies ich mich krankschreiben.

Wie genau äußerte sich das bei mir?

Ich schlief unglaublich viel. Ich denke ich habe damals ein Durchschnitt von 12 Stunden pro Tag gehabt und das für mehrere Wochen. Ich hatte Lust auf andere Dinge, aber ich hatte keine Kraft. Vermutlich auch der Grund, wieso mir damals der Arzt den Verdacht auf Depressionen hatte. Ich hatte aufgehört ins Fitnessstudio zu gehen, was ich zuvor mehrmals wöchentlich gemacht hatte. Ich habe keine Freunde mehr gesehen, weil ich neben der Arbeit nur noch schlafen wollte. Ich habe meine übrige Energie eben für das ausgegeben was mir am wichtigsten war: Die Doktorarbeit. Alles andere fiel hinten rüber.

Wie ist es dazu gekommen?

Das ist im Nachhinein sicherlich nicht mit 100%iger Sicherheit zu sagen, aber mit zwei Dingen bin ich mir sehr sicher: Gesundheit und fehlende Zeit für mich. Durch meinen gesundheitlichen Zustand habe ich sicherlich auch ein wenig die Motivation für gewisse Dinge verloren. Freunde besuchen oder in den Urlaub fahren bedeutete schließlich eine langwierige Planung, um meine Ernährung an dem anderen Ort irgendwie zu realisieren. Der größere Faktor war aber, dass ich durch meine Probleme wenig Kraft hatte. Die ständigen Krämpfe stahlen mir mental, aber auch körperlich unglaublich viel Energie. Auf der anderen Seite nahm ich mir aber nicht die Zeit für mich, denn „Nein“ sagen gehörte damals einfach nicht zu meinem Wortschatz. In meinen Augen muss man aber genau das lernen, damit man sich mehr Zeit für sich und seine Bedürfnisse nimmt und somit einem Burnout vorbeugen kann.

Burnout-Prävention? In meinem Fall war es unteranderem „Nein“ sagen.

Ich möchte dem Wort Burnout eigentlich auch gar nicht zu viel Kraft geben, aber es gibt den Menschen am ehesten eine Vorstellung über den Zustand. Ähnlich wie bei Leaky Gut, ist es manchmal besser Namen für die Probleme zu haben, auch wenn sie nicht 100%ig passen. Worum es mir hier eigentlich geht, ist deutlich zu machen wie wichtig es ist auf sich selbst zu hören.

Ich bin ein Mensch, dem es sehr wichtig ist, dass es anderen gut geht. Ich helfe gerne und es macht mich glücklich, wenn ich andere unterstützen kann, viel glücklicher als selbst Hilfe anzunehmen. Dies führt dazu, dass die eigenen Bedürfnisse manchmal untergehen. Na, kennst du das auch? Egal wie laut die eigenen Probleme sind, die Probleme anderer sind immer lauter. Damit kann man sich ja auch so gut von seinen Problemen ablenken. 😀

Das ist sicherlich auch manchmal eine gute Taktik, geht es um Liebeskummer oder Nervosität. Geht es allerdings um die eigene Gesundheit, muss man lernen sich Zeit für sich zu nehmen. Damit meine ich jetzt nicht, dass man die ganze Achtsamkeits-Bibel herunterbeten soll, sondern zu tun was einem gut tut. Dabei ist es völlig egal, ob dies ein Spaziergang, ein Horrorfilm oder Computerspiel ist. Dafür findet man aber nur Zeit, wenn man lernt „Nein“ zu sagen.

Bei einer Sucht ist es manchmal einfacher ganz aufzuhören als weniger zu machen.

In meinem Fall habe ich damals die Notbremse gezogen. Ich habe mich zurückgezogen und den Kontakt zu vielen Menschen für eine Weile beendet. Ich behielt den Kontakt zu meinen zwei besten Freunden und dem Rest zeigte ich für einige Wochen die kalte Schulter. Das klingt nun zwar sehr hart, aber ich wusste das es mir einfacher fällt ihnen zu sagen, dass ich eine Weile meine Ruhe brauche als bei jedem Moment mich zu überwinden meine Bedürfnisse über ihre zu stellen. Ich habe mich also quasi für den kalten Entzug entschieden. Es half mir dabei, mich auf mich selbst zu konzentrieren und auch ein besseres Gefühl dafür zu bekommen wie viel Kraft ich habe und diese sinnvoll einzuteilen. Ich lege es jedem ans Herz dies einmal für sich zu lernen, egal ob mit oder ohne gesundheitliche Probleme. Es kann sehr hilfreich sein seine eigenen Kräfte zu kennen und damit sinnvoll zu nutzen. Ob du dies, wie ich auf die harte Tour machst oder versucht bei jedem Gefallen oder Schritt zu
reflektieren, ist ganz dir überlassen. Falls du es versuchst, freue ich mich von deinen Erfahrungen zu lesen.

[1] Buch: Die Burnout-Epidemie oder brennt die Leistungsgesellschaft aus? (Andreas Hillert, Michael Marwitz)
[2] https://www.who.int/news/item/28-05-2019-burn-out-an-occupational-phenomenon-international-classification-of-diseases (Stand 01.08.2021)
[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/239872/umfrage/arbeitsunfaehigkeitsfaelle-aufgrund-von-burn-out-erkrankungen/ (Stand 01.08.2021)
[4] Buch: Mit dem Erfolg leben (Herbert Freudenberger, Geraldine Richelson)

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