Schon im Jahre 1877 formulierte Louis Pasteur den Satz „Leben verhindert Leben“, da er entdeckte, dass Baktierenarten sich gegenseitig im Wachstum hindern konnten. Das heißt also, Bakterien können das Vermehren anderer Bakterien verhindern. Man kann also sagen, dass die Entwicklung des Antibiotikums schon einige Jahre her ist.[1] Letztlich steht Antibiotikum nämlich für ein Stoffwechselprodukt von Pilzen oder Bakterien, welches schon bei geringen Mengen das Wachstum anderer Mikroorganismen hemmt oder diese sogar abtötet.[1] Mittlerweile wird der Begriff Antibiotika aber auch allgemein für Arzneimittel verwendet, welche gegen bakterielle Infektionen helfen.
„Leben verhindert Leben“
Nachdem das erste große Antibiotikum „Penicillin“ auf den Markt kam, feierten es die Menschen. Endlich wurde ein Mittel gefunden, welches gegen schwere bakterielle Infektionen half und somit sicher viele Leben rettete. Danach wurden viele weitere Arten entdeckt und mit der Zeit stieg die Anzahl verschriebener Antibiotika.[1] Allerdings hat dies auch einen Nebeneffekt mit sich gezogen: Resistente Bakterien. In diesem Fall bedeutet das, dass die Bakterien immun gegen das Antibiotika wurden und damit nicht abgetötet werden. Immer mehr Bakterien haben mittlerweile Resistenzen entwickelt. Vermutlich aufgrund der hohen Anzahl von Antibiotika in der Medizin, aber auch in der Tierzucht. Dies wiederum kostet Menschen leben und die Forschung versucht mit aller Kraft Alternativen zu finden.[2,3]
Doch darum soll es hier nicht gehen, denn dies ist immer noch ein Blog über Reizdarm und damit möchte ich mich hier mit dem Effekt von Antibiotika auf unsere Darmflora beschäftigen.
Welchen Effekt hat Antibiotika auf unsere Darmflora?
Ist einem die Bedeutung klar, kann man sich denken, dass ein Antibiotikum unsere Darmflora ganz schön durcheinanderbringen kann. Schließlich besteht unser Mikrobiom in erster Linie aus Bakterien, welche auch von den Antibiotika angegriffen werden können. Besonders durch die Entwicklung von resistenten Bakterien können Dysbiosen entstehen. Dysbiose heißt, dass die Anzahl der nützlichen Bakterien in der Darmflora krankhaft gestört ist.[4] Durch die Resistenzen gibt es eine Überbesiedlung mancher Bakterien, wobei andere teilweise völlig verschwinden.[5,6] Dadurch nimmt die Diversität an Bakterien stark ab.
Kurzzeitig entsteht dadurch zum Beispiel die Antibiotika-assoziierte Diarrhoe (AAD).[5] Langzeitfolgen können allerdings auch Asthma oder Lebensmittelallergien sein.[6] Theochari et al. vermuten, dass sogar eine erhöhte Chance auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen durch Antibiotika-Einnahme besteht.[7] Die häufigsten Vertreter hiervon sind Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Die Datenlage ist jedoch für eine sichere Aussage nicht ausreichend. Vermutlich spielt bei diesen Krankheiten vor allem auch die familiäre Vorgeschichte eine Rolle.
Kann Antibiotikum die Chance auf Reizdarm erhöhen?
Schaut man sich die Datenlage für das Thema Reizdarm an, ist das Ganze noch schwieriger. Vermutlich sowohl wegen der fehlenden genauen Diagnose, als auch wegen der Schwierigkeit der Untersuchung des Themas. Wann kann man wirklich sagen, dass das Antibiotikum schuld ist? Vor allem bei dem Auftreten von Reizdarm, wenn man die Krankheit nicht wirklich versteht? Villarreal et al. sind allerdings der Meinung das gewisse Breitband-Antibiotika die Chance auf einen Reizdarm durchaus erhöhen.[8]
Ist also der Effekt auf unser Mikrobiom klar und die Studien dazu auch vielfältig, ist die Erkenntnis über die daraus resultierenden Krankheiten und Probleme noch unklar. Dafür fehlt uns leider noch das bessere Verständnis für die Bakterien, ihren genauen Nutzen und damit die Probleme die durch eine Dysbiose im Detail entstehen. Verständlich ist aber die Vermutung, dass der Effekt von Antibiotika und damit einer Dysbiose groß ist. Schließlich wird uns immer mehr klar, wie viel Einfluss die Darmflora auf unsere Gesundheit hat.[6]
Wie die Darmflora schützen?
Nach diesen Informationen stellt sich natürlich die Frage, wie man seine Darmflora schützen sollte, wenn doch einmal ein Antibiotikum unausweichlich ist. Letztlich bringt uns ein gesunder Darm ja auch nichts, wenn wir tot im Grab liegen.
Zum einen sollte man wissen, dass Untersuchungen gezeigt haben, dass die Anzahl der Bakterien in unserer Darmflora wieder ansteigt. Das Ganze ist also keine permanente Sache.[7] Des Weiteren deuten Studien darauf hin, dass die Gabe von Probiotika nach Antibiotika in erster Linie vor AAD schützt. Für andere Folgeerscheinungen gibt es noch keine klaren Aussagen. Eine Studie hat sogar gezeigt, dass ein Abwarten nach Antibiotika die Darmflora schneller zurückbringt als die Gabe von Probiotika.[9]
Letztlich darf man auch nicht vergessen, dass sogar teilweise bestimmte Antibiotika Menschen mit Reizdarm geholfen haben. In einer Studie konnten im Vergleich zur Placebo-Gruppe die Symptome gelindert werden.[10] Dieser Effekt wurde bis zu zehn Wochen nach Einnahme untersucht. Hier kommt bei mir aber zum Beispiel der Verdacht von versteckter SIBO auf. Ist dies vielleicht der Grund, wieso es einigen Menschen mit Reizdarmsymptomen hinterher besser ging?
Solange wir also noch kein größeres Wissen über unser Mikrobiom und damit den Effekt von Dysbiosen auf unsere Gesundheit haben, ist das Beste vermutlich: Abwarten und Tee trinken. Antibiotika sollte aber in meinen Augen generell nur im Notfall verwendet werden, nicht nur wegen des Darms, sondern auch wegen der erwähnten Problematik der resistenten Bakterien durch Überverwendung von Antibiotika.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Antibiotikum (Stand 08.01.2022)
[2] https://www.br.de/nachrichten/wissen/penicillin-ein-wundermittel-kommt-in-die-jahre,R26HHRX (Stand 08.01.2022)
[3] https://doi.org/10.3390/biomedicines8110502
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Dysbiose (Stand 08.01.2022)
[5] https://doi.org/10.1055/s-2004-831390
[6] https://doi.org/10.3390/biomedicines8110502
[7] https://doi.org/10.1080/00365521.2017.1386711
[8] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22533211/
[9] https://www.aerzteblatt.de/archiv/209335/Probiotika-Nicht-immer-von-Vorteil (Stand 08.01.2022)
[10] https://doi.org/10.7326/0003-4819-145-8-200610170-00004