Meine letzten Beiträge haben ein Bild gegeben, wie es mir damals ging und wie der erste Weg zur Diagnose und damit Therapie lief. In diesen habe ich aber auch angedeutet, dass die damalige Therapie leider nicht zum Erfolg geführt hat. Daher möchte ich sie hier auch nur ganz kurz umschreibe. Mir ist in den letzten Jahren nämlich klar geworden, dass eben viel mehr dahintersteckt als eine temporäre Ernährungsumstellung. Zudem werde ich auch davon berichten, wie schnell die Probleme zurückkamen und wie ich danach die ersten Schritte in ein neues Leben ging. Vielleicht können diese Einblicke auch dir ein paar Ideen geben, wie du mit deinen Problem umgehen kannst.
Die Therapie damals bestand in erster Linie im Weglassen der auffälligen Lebensmittel und damit der Bekämpfung der Symptome. Ich habe mich für ca. 15-18 Monaten sehr streng an die Liste des Arztes gehalten und zum Beispiel keine Milchprodukte zu mir genommen, keine Eier und nur maximal alle drei Tage glutenhaltiges Getreide gegessen. Das Ganze war so streng, dass der Arzt sagte sobald du einmal etwas „Falsches“ zu dir nimmst fängst du wieder von vorne an. Eine Vorstellung die es mir unmöglich gemacht hat irgendwo Essen zu gehen. Dazu gab es zwar auch zusätzlich Nahrungsergänzungsmittel oder genauer gesagt einige Vitamine und auch Darmbakterien, aber der Hauptteil bestand darin die Entzündungen zu reduzieren indem man bestimmte Lebensmittel meidet.
1-2 Mal jährlich eine Darmkur mit einem Arzt? In meinen Augen eine Einengung.
Tatsächlich ging es mir nach einem Jahr wieder deutlich besser und nach 15-18 Monaten hat der Arzt mir mitgeteilt, dass ich wieder gesund sei. Er sagte aber auch, dass ich vermutlich 1-2-mal im Jahr eine Kur benötige, damit dies stabil bleiben würde. Eine Vorstellung auf die ich ehrlich gesagt keine Lust hatte, denn ich war nicht gerne von einem Arzt abhängig. Ich gehe allgemein eher wenig zum Arzt. Geht es mir schlecht gönne ich mir Ruhe und je nach Symptomen den passenden Tee oder inhaliere vielleicht. Ein Arzt brauche ich also eigentlich nur zum Krankschreiben, wenn es schlimmer ist und die nötige Ruhe sich nicht mit der Arbeit vereinbaren lässt. Dass ich jedes Jahr 1-2-mal zu dem Arzt sollte und eine Darmkur machen sollte, empfand ich als Einengung.
Dazu kam auch noch, dass diese Therapie von der Krankenkasse nicht anerkannt war oder eher gesagt die Krankheit. Dies bedeute, dass die teureren Lebensmittel wie z. B. glutenfreies Brot, die zusätzlichen Vitamine und die Darmbakterien die letzten 1,5 Jahre einiges gekostet haben. Geld das mir als Studentin damals noch meine Eltern bezahlen mussten – Danke! Geld das ich aber laut Worten des Arztes mein Leben lang immer wieder zahlen müsste.

Spoiler: Verdrängung macht langfristig nicht glücklich.
Ich ignorierte damals also erstmal die Aussage des Arztes und erfreute mich an der gewonnenen Freiheit. Zuhause aß ich zwar immer noch zum Großteil Sojajoghurt oder nutze Reismilch, nur selten mal tierischen Frischkäse oder Quark. Ich kann euch sagen, damals war die Auswahl von veganen alternativen noch deutlich kleiner. Heute gibt es ja quasi alles. Auch an Reis- oder Maiswaffeln hatte ich mich gewöhnt. So gönnte ich mir nur ab und an ein normales Brötchen oder eben den Luxus Essen zu gehen. Meine Ernährung war also nicht mehr ganz so streng, aber immer noch angepasst. Einfach aus Gewohnheit der letzten Monate. Doch die Freiheit hielt nicht lange.
Schon nach einem Jahr merkte ich erste Anzeichen. Immer mal hatte ich leichte Schmerzen nach dem Essen oder einen aufgeblähten Bauch. Nachdem ich aber früher einiges mehr durchgemacht hatte, ignorierte ich dies einfach und akzeptierte es als meine Normalität. Doch dann kam das Schreiben meiner Masterarbeit. Mein Leben füllte sich zusätzlich noch mit mehr Stress und das ignorieren wurde immer schwieriger. Ich gewöhnt mir daher an in Stressphasen einfach wieder nach den alten Kriterien zu essen. Den letzten Monat meiner Masterarbeit ging ich also nicht mehr essen und lebte wieder streng glutenfrei und milchfrei. Ich dachte mir, als phasenweise Ernährung in stressiger Zeit kann ich damit leben. Dadurch merkte ich aber gar nicht, wie mit jedem Tag mein Zustand eigentlich wieder schlechter wurde.
Ich merkte gar nicht, wie mit jeden Tag mein Zustand eigentlich wieder schlechter wurde.
Nach meiner Masterarbeit folgte Ende 2016 ein Umzug, eine dadurch entstehende Trennung und daraufhin vier Jahre Doktorarbeit. Ich muss sagen, dass ich mit meiner Doktorstelle wirklich Glück hatte. Es war eine angenehme Arbeitsatmosphäre, doch ich machte mir gerne selbst Stress. Dazu die neue Situation: Andere Umgebung, Freunde mehrere Kilometer entfern und Leben in einer WG. Letzteres führte, vor allem wegen kleinerem Platz im Kühlschrank, zu einem anderen Kochverhalten und einer ungesünderen Ernährung. Ich aß zum Beispiel weniger frisches Gemüse und Obst und nahm dadurch weniger Vitamine zu mir. Dies führte letztlich dazu, dass die Magenprobleme Ende 2017 / Anfang 2018 wieder vollständig da waren, nur ungefähr 10x so schlimm.
Ich hatte sehr starke Krämpfe, egal was ich aß. Selbst die Umstellung zurück zu der „Therapie-Ernährung“ half nicht, auf irgendwas reagierte mein Körper immer. Gefühlt sogar auf fast jedes Gemüse und manches Obst. Egal ob Paprika, Brokkoli oder Apfel, ich bekam Bauchschmerzen. Zumindest meistens, so richtig nachvollziehen konnte ich es nicht. Dies führte zu einer richtigen Angst vorm Essen. Ich verstand nicht mehr was ich noch essen konnte und was nicht, also aß ich lieber gar nicht. Ich verlor einiges an Gewicht, meine Lebensfreude und auch meine Motivation. Wie sollte das besser werden? Wie sollte ich damit mein Leben lang zurechtkommen, wenn es nach 1,5 Jahren Therapie so schnell und so viel schlimmer wieder kam? Ich war verloren…
Gesunde Ernährung ist schwierig, wenn Obst und Gemüse zu starken Krämpfen führen.
Nachdem ich mich zwei oder drei Monate irgendwie durchgeschlagen hatte, ging es mir so schlecht, dass ich für 3,5 Wochen krangeschrieben wurde. Logisch, ohne anständige Ernährung bekommt der Körper nicht was er braucht und mein vollgepackter Alltag mit Forschung und Sport verzerrte letztlich meine restliche Energie. Ich schlief täglich 10-12h und tat daher bis zur Krankschreibung nichts mehr außer arbeiten und schlafen. Dies war der Weckruf und ich wusste, dass ich eine Lösung finden muss. Der erste Schritt, den ich schon vor der Krankschreibung ging, war mit Nahrungsergänzungsmitteln anzufangen. Aber vermutlich so spät, dass dies nicht vor dem „Burnout“ schützte.
Die Nahrungsergänzungsmittel halfen mir aber, mir weniger Sorgen um die Ernährung zu machen, da ich mit der Basis an Vitaminen, Mikronährstoffen und sogar Omega3 Fetten so ziemlich alles abdeckte was mein Körper benötigte. Damit meine ich nicht, dass ich mich nur von Tabletten ernährte oder das dies der richtige Weg sei, sondern lediglich, dass ich mir keine Gedanken machen musste, wenn ich als einziges Gemüse grüne Bohnen und Gurke aß. Im Normalfall, sollte eine Ernährung nämlich möglichst vielfältig sein, um alle nötigen Vitamine und Mikronährstoffe abzudecken.
Fad aber schmerzfrei - einfache Ernährung hilft die Angst vor Schmerzen zu nehmen.
Es half mir also wieder bei null anzufangen. Ein Tipp den ich jedem mit solchen Problemen nahelegen kann. Ich habe einfach mit so wenig Lebensmittel begonnen wie möglich. So gab es zum Beispiel gekochten Reis und gekochte grüne Bohnen, lediglich mit Salz und Pfeffer gewürzt. Keine Soße, keine bunte Menge an Gewürzen oder Lebensmitteln. Damit konnte ich nach und nach überprüfen was ich vertrug und was nicht. Ich tauschte langsam zum Beispiel die grünen Bohnen mit anderem Gemüse aus oder aß etwas Obst mit ausreichend Abstand zu den anderen Lebensmitteln. So konnte ich sicherstellen, dass ich keine 30 Faktoren gleichzeitig beeinflusste und wusste damit immer auf was mein Darm reagierte, falls er reagierte. Zudem tat mir die Schlichtheit unheimlich gut. Ich hatte deutlich weniger Probleme und verlor langsam die Angst, auch wenn man bei der Art des Essens jetzt nicht wirklich davon sprechen konnte, dass ich super gerne aß. Aber es war der erste Schritt, der erste Schritt zurück Richtung Freude am Essen und am Leben. Ein Schritt weiter weg von Sorgen, Schmerzen und Ängsten.